Seit mehr als sechs Wochen ist in der Ukraine nun Krieg, und auch die Begrifflichkeiten hierzulande triggern einschlägige Assoziationen. Inflation, Rationierung, Hamsterkäufe, das weckt nicht nur bei der ältesten deutschen Generation Erinnerungen an finstere Zeiten. Unterdrückt man aber einmal kurz diese schlimme Angst, dass unsere ganze Zukunft plötzlich zum Spielball eines ungewissen Geisteszustands geworden ist, und lässt schwarzen Humor über Schwarzmalerei obsiegen, dann ist es zumindest in meinen Kreisen bis jetzt doch allenfalls so: Das Kuchenbacken macht einfach keinen Spaß mehr. Bislang sind es glücklicherweise nur merkantile Verwerfungen, die wir zu spüren bekommen. Das Döner-Haus um die Ecke zum Beispiel nimmt, wie man einem Aushang (aber noch nicht der Preisliste) entnehmen kann, pauschal jetzt einen Euro mehr pro Gericht. Gott sei Dank mache ich nur etwa einmal im Vierteljahr dort Station, in der Küche komme ich erstaunlicherweise schon seit Jahrzehnten ganz ohne Sonnenblumenöl aus, und auch Backen ist meine Sache nicht. Sorge bereiten mir so eigentlich nur die gewaltigen Höhen der Mineralölpreise. Ist da der Sommerurlaub überhaupt noch drin? Ähnliches fragen sich derzeit vermutlich auch viele Politiker, wenn auch aus anderen Gründen. Sollte man in den Ferienflieger steigen, wenn Krieg ist? Die Spaßgesellschaft versteht inzwischen ja immer weniger Spaß. Ich persönlich teile die moralische Empörung über eine Geburtstagsfeier auf Mallorca und den Familienurlaub einer Familienministerin selbstverständlich nicht und finde stattdessen: Außer Frau Spiegel sollte vor allem auch der gesamte (PR-)Beraterstab den Hut nehmen müssen, der die arme Frau mit diesem gestammelten Presse-Statement in die offene Kamera laufen ließ: Sieben kaum auszuhaltende Minuten Fremdscham und ein Text, der klang wie ein Song von Gunter Gabriel. Davon muss ich mich jetzt erst mal erholen. Wie ich den dazu erforderlichen Urlaub vielleicht doch finanzieren kann, weiß ich übrigens auch schon. Auf die Idee gebracht hat mich ein offensichtlich krisenerfahrener Verkäufer an der Wursttheke bei Edeka, der mir am Wochenende die eigenhändig geschnittenen Speckwürfel aus höherpreisigen Schinkensorten mit den Worten ans Herz legte: „Das ist die beste Währung, besser als Zigaretten!“

Schöner Denkanstoss, danke!
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Wie immer (meinen) Nerv getroffenen!!! Ein bisschen Demut schadet nix! Es hätte nur weder Krieg noch Pandemie sein müssen, damit wir Selbstverständliches wertschätzen und Unsinniges sein lassen… Trotzdem freue ich mich bei jeder Autofahrt über die Neujahrsentscheidung (und deren sofortige Umsetzung), ein E-Autochen zu kaufen. So bin ich auf perfide Art ein Kriegsgewinnler?
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Das sind wirklich schöne Denkantöße;)
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